
"Ich war immer der Meinung, dass die Beziehung zwischen Kunst und Wissenschaft eine ausgezeichnete Ehe ist." Albert Einstein
Hochbegabung ist mehr als Logik und Zahlen, mehr als physikalische Modelle oder mathematische Formeln. Sie ist ein Geflecht aus Neugier, Kreativität und feinsinniger Wahrnehmung. Dennoch wird sie in der allgemeinen Vorstellung oft auf den Bereich der MINT-Fächer reduziert. Wettbewerbe wie Mathematikolympiaden oder „Jugend forscht“ dominieren die Landschaft der Förderung, während die künstlerisch-kreativen Dimensionen im Schatten bleiben.
Doch was wäre Wissenschaft ohne die Vorstellungskraft, was wäre Kunst ohne die Logik des des Denkens? Hochbegabte bewegen sich oft mit Leichtigkeit zwischen diesen Welten. Sie komponieren Melodien, die von Strukturen getragen werden, schreiben lyrische Texte, die Logik atmen, und gestalten Bilder, die von Systematik durchdrungen sind. Diese Synthese aus künstlerischem Empfinden und analytischem Geist ist das Wesen der Hochbegabung.
Visionäre wie Leonardo da Vinci, Hildegard von Bingen, Bach oder Goethe zeigen, wie Kunst und Wissenschaft untrennbar verbunden sind. Das Spiel mit Strukturen, die Suche nach Harmonie, das Erkennen von Nuancen in Abweichungen – all dies vereint die Disziplinen zu einem gemeinsamen Streben. Hochbegabte Menschen nehmen die Welt in ihrer Vielschichtigkeit wahr und gießen diese Wahrnehmung in Form: sei es in einem Gedicht, einer Komposition oder einer mathematischen Formel. Kreativität ist der Kern ihres Denkens und Ausdruck die tiefe Sehnsucht, der inneren Gedankenordnung eine Gestalt zu geben.
Die Ästhetik einer mathematischen Formel kann für Hochbegabte genauso bezwingend sein wie die harmonische Auflösung in einer Symphonie oder das Farbspiel eines Gemäldes. Wissen, gepaart mit feinsinniger Wahrnehmung, bildet die Grundlage für hochkreatives Schaffen. Das Gefühl für Passung und Nichtpassung, für Zusammenspiel, Anordnung und Klang ist essenziell für ihre Ausdruckskraft.
Es ist an der Zeit, diese Perspektive auch in Diagnostik und Förderung einzubeziehen. Die Kunst kann uns lehren, wissenschaftlich zu denken, und die Wissenschaft kann uns lehren, künstlerisch zu sehen. Indem wir die Grenzen aufheben, schaffen wir einen Raum, in dem Hochbegabung in ihrer ganzen Fülle erblühen kann.
Gedanken zur Erkennung, Förderung und Persönlichkeitsentwicklung
1. Gedanke: Stellen wir Hochbegabung in einen größeren Kontext und schließen die künstlerischen-kreativen Aspekte sowie die disziplinübergreifende Universalität in die Überlegungen und Ausführungen mit ein.
2. Gedanke: Nehmen wir in der Erkennung und Diagnostik auch die musisch-künstlerischen Fähigkeiten in den Fokus und erschließen die Hochbegabung über den kreativ-künstlerischen Ansatz. Für Erzieher:innen und Lehrkräfte wäre dies eventuell ein erster hilfreicher Anhaltspunkt bei der Erkennung hochbegabter Kinder und Jugendlichen.
3. Gedanke: Logisch-analytisches Denken ist nicht gleich Mathematik, Physik und Technik. Logisch analytisches Denken ist auch Symphonien zu komponieren, Häuser und Städte zu entwerfen oder Skulpturen in Stein zu meißeln denn es bedeutet ausschließlich dahinterliegende Strukturen zu erkennen und weiterzudenken.
4. Gedanke: Wenn in der Diskussion Hochbegabung auf den klassischen, kanonisierten Testungsbereich reduzieren wird, beschränken wir hochbegabte Menschen in ihrer Sicht auf sich selbst und vernachlässigen wichtige Teilaspekte in der Hochbegabtenförderung und Persönlichkeitsentwicklung.
5. Gedanke: Ausdrucksfähigkeit ist eines der elementarsten Bedürfnisse von Menschen. Viele Hochbegabte haben hier ein besonderes Talent. Ob Musik, Grafik, Literatur oder darstellendes Spiel oder Tanz - im künstlerischen Tun gehen viele Hochbegabte einer ihnen innewohnenden Sehnsucht nach. Sie geben ihren hochkreativen Gedanken und Ideen Gestalt und Form - die Kunst ist das Zuhause ihrer Überlegungen.
6. Gedanke: Bringen wir Wissenschaft/Theorie und Kunst zusammen und gehen als Wissenschaftler künstlerisch an Themen heran. Lernen wir von der Kunst! Spielen wir mit Theorien, malen und zeichnen wir mit theoretischen Formeln, bringen Farbe und Datenverarbeitung zusammen, erzählen wir in der Forschung mit beschreibenden Metaphern und experimentieren wir mit unseren theoretischen Gedanken wie mit Farben auf einer Malerpalette.
7. Gedanke: ...
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